Verletzungsmisere bei Allgäuer Skisportlern – Holzmann und Schmid fallen für den Rest des Winters aus

Eigentlich wollten beide dabei sein, bei der Alpinen Weltmeisterschaft in Saalbach-Hinterglemm.

Doch mussten sie sich mit der Rolle der Zuschauer begnügen. Verletzungen bremsten Sebastian Holzmann und Alexander Schmid aus. Die Kreuzbänder hatten nicht standgehalten.

Sebastian Holzmann

„Das war‘s mit 24/25“, schrieb der 31-Jährige Sebastian am 04.12.2024 unter einem Bild, das ihn im Krankenhaus zeigt. „Gerade bin ich von meiner Kreuzband-Operation aufgewacht. Kein Traum, sondern ein wahr gewordener Alptraum.“ Der körperliche Schmerz halte sich zwar in Grenzen, „aber innerlich, innerlich geht’s mir aktuell nicht gut“, so führt der Athlet vom SC Oberstdorf seine Nachricht an seine Follower weiter. Sebi fiel nach seiner schweren Verletzung tagelang in ein tiefes Loch. Inzwischen kann der 31-Jährige wieder lachen. Inzwischen geht’s mir deutlich besser, die Energie ist zurück“, sagt der 31-Jährige. In den Stunden und Tagen unmittelbar nach der Verletzung sah das anders aus. „Ich habe sofort den Schnalzer in meinem Knie und danach einen brennenden, stechenden Schmerz gespürt. Minutenlang habe ich vor Verzweiflung geschrien. Ich wusste, da ist etwas kaputt. In diesem Moment war ich in meinem Kopf komplett leer. So etwas kannte ich bisher nicht.“

Alexander Schmid

Nächster schwerer Rückschlag für Ski-Weltmeister Alexander Schmid: Der 30-Jährige hat sich erneut einen Kreuzbandriss im linken Knie zugezogen. Schmid wurde bereits erfolgreich operiert und fällt für den Rest des WM-Winters aus. Das neuerliche Unglück ereignete sich am Donnerstag, den 19.12.2024, als Schmid beim Training in seiner Spezialdisziplin Riesenslalom in Pfelders zu Sturz kam. Dabei zog sich der Allgäuer nach Angaben des Deutschen Skiverbandes (DSV) „eine komplexe Knieverletzung mit Riss des vorderen Kreuzbandes sowie Verletzungen an den Menisken im linken Knie zu“. Bereits im März 2023 hatte er sich das Kreuzband im linken Knie gerissen.

Beide hatten sich intensiv auf das Highlight des Skiwinters, die Alpine WM in Saalbach-Hinterglemm vorbereitet. Und nun? Beide kennen den mühseligen Weg zurück, der nun folgt. Und doch haben beide das gleiche große Ziel vor Augen: Die Olympischen Spiele in Italien, an denen beide teilnehmen wollen.

Betrachtet man die Historie ihrer Verletzungen, muss man sich die Frage nach dem Warum stellen.

Alex‘ Liste ist lang: In der Jugend Riss des Syndesmosebands und Bruch des Wadenbeins, März 2023 Riss des Kreuzbands links, in der letzten Saison dauernd Infekte, die ihn immer wieder zu Zwangspausen zwangen, jetzt erneut Riss des gleichen Kreuzbands mit beiden Menisken.

Bei Sebi ein ähnliches Bild: In seiner Zeit als Schüler Bruch des linken Daumens in drei Teile, erste Knieverletzung in der Jugend, daraus folgend immer wieder Schwellungen , Diagnose Knorpelschaden, den man arthroskopisch beheben konnte, 2021 Luxation der Kniescheibe, bei der ein Teil des Knorpels ausgerissen war, nun Kreuzbandruptur, ebenfalls in Pfelders wie bei Alex.

Beide sind nun 30 und 31 Jahre alt. Da stellt man sich automatisch die Frage: Schaff ich das noch einmal? Sie wissen, dass es viel Geduld braucht. Aber auch: Was mach ich, sollte es nicht klappen?

Alex formuliert seine Ziele so: „ Erst einmal gilt es, wieder komplett gesund zu werden und den Alltag schmerzfrei gestalten zu können, z.B. auch wieder Bergtouren machen zu können. An zweiter Stelle  kommt der Leistungssport, den ich gerne noch etwas länger ausüben möchte.“

Gleichzeitig sind aber auch die Gedanken auf das Nachher gerichtet. Beide sind bei einer Behörde angestellt (Alex Zoll, Sebi Bundewehr), die auch eine Karriere nach dem Sport ermöglichen. Sebi: „Wir haben viele Möglichkeiten. Gleichzeitig erleben wir viele Begegnungen mit einflussreichen Menschen, die Türe für das Leben danach öffnen können. Während der Verletzung ist dieses Thema mehr präsent, aber man darf es nicht die Oberhand gewinnen lassen, sonst ist kein Leistungssport mehr möglich.“

Blickt man auf die Nachrücker im Deutschen Skiverband, eröffnet sich kein rosiges Bild. War die Situation bei den Frauen früher desaströs, so sind es nun die Männer, die nur vereinzelt positiv in Erscheinung treten. Insgesamt ist der deutsche Skirennsport in der Krise. Blickt man über die Landesgrenzen, tut sich ein anderes Bild auf. Die Schweizer, Norweger, Slowenen, Franzosen und Österreicher dominieren die Szene.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Hier möchte ich nur ein paar stichpunktartig aufführen:

-Der Skisport wir immer elitärer und teurer.

-Der Leistungssport wir immer professioneller.

-Die heutige Jugend will sich heute nicht mehr einschränken lassen.

-Unser föderales Schulsystem verhindert einen angemessenen Leistungssport, auch mit den Partnerschulen des Wintersports.

-Eine zu früh angelegte Spezialisierung verhindert eine breite Förderung.

Der Staat steht im Weg, die Strukturen, auch im Verband sind zu starr. Aber die Erwartungshaltungen sind hoch. Auch wenn die Verantwortlichen die Probleme sehen, gibt es kaum Möglichkeiten, diese zu ändern. Dafür müssten gravierende Veränderungen passieren. Nur mit Jammern oder positiven Parolen wird sich die Medaillenanzahl nicht erhöhen. Alle Politiker und Funktionäre sonnen sich gerne im Medaillenglanz mit erfolgreichen Sportlern, doch sonst passiert nichts. Beinahe wäre die WM in Saalbach wieder medaillenlos geblieben, hätte nicht Linus Strasser im Slalom die Bronzemedaille geholt. „Wir werden uns hinterfragen, was wir falsch gemacht haben“, kündigte der deutsche Männer-Cheftrainer Christian Schwaiger an.

Sebi und Alex arbeiten an ihrem Comeback. Ihr Ziel haben sie klar definiert: Die Olympischen Spiele in Italien. Drücken wir ihnen die Daumen!

Post Author: Dieter Haug